Jens Henrik Jensen – Oxen – Der dunkle Mann

Ein Mann will nicht gefunden werden

Niels Oxen hat der Gesellschaft den Rücken gekehrt. Wieder einmal. Nur Margrethe Franck hat er eine kurze Notiz hinterlassen. Dann hat er seine Sachen gepackt und ist zurück in den Wald gegangen. Mit Schaudern erinnert er sich an die interne Feier des Polizeipräsidenten zurück. Als man ihn ins Rampenlicht zerrte, um sich mit dem hochdekorierten Elitesoldaten zu schmücken. Wie oft hat er es nicht schon bereut, dass er letzten Sommer seine Kellerwohnung in Kopenhagen verließ. Hätte er damals nicht sein Lager in der Nähe von Nørlund Slot aufgeschlagen, wäre er dem Danehof nie in die Quere gekommen, sein Hund wäre noch am Leben und er würde nicht gejagt.

Zumindest lässt ihn der alte Fischzüchter in Ruhe, bei dem er sich als Arbeiter verdingt hat. Das abgeschiedene Leben in dem alten Holzschuppen und die harte körperliche Arbeit gefallen ihm gut. Manchmal lassen ihn seine Dämonen sogar mehrere Stunden schlafen. Dennoch ist sich Niels Oxen nur zu bewusst, dass dieser Zustand nicht ewig andauern wird. Schließlich befinden sich hochbrisante Papiere in seinem Besitz, die nicht nur der PET gerne in Händen hielte, sondern auch die einflussreichen Personen, deren finstere Machenschaften dort detailliert dokumentiert sind. Irgendwann wird ihn irgendjemand aufstöbern. Und tatsächlich kommt dieser Tag schneller als vermutet, als der Museumsdirektor Malte Bulbjerg im Danehofsaal auf Nyborg Slot ermordet aufgefunden wird.

Ein Mord aus mysteriösen Motiven

Als Margrethe Franck von dem Mord erfährt, ist sie geschockt. Sie allein weiß, dass Oxen dem Museumsdirektor Papiere des Danehofs geschickt hat. Hat Malte Bulbjerg mehr über die Organisation herausgefunden als gut für ihn war? Tragen sie und Oxen eine Mitschuld an seinem Tod? Oder ist der Mord nur Mittel zum Zweck um Oxen aus seinem Versteck zu locken? Dass der PET-Chef Axel Mossman sie gerade jetzt nachdrücklich auffordert Oxen zu finden, macht sie stutzig. Eines jedenfalls weiß Margrethe Franck ganz genau. Sie muss Oxen unbedingt vor allen anderen finden. Nur ihr kann er vertrauen. Und dank der intimen Informationen, die sie über Oxen hat, wird ihr das auch gelingen.

Alle anderen wissen allerdings auch, dass Franck der Schlüssel zu Oxen ist. Und so bringt jede Partei ihre Mitspieler in Stellung. Verwanzt, beschattet, mordet und erpresst, um an Informationen zu kommen und Druck auszuüben. Jeder versucht dem anderen eine Nasenlänge voraus zusein, ohne zunächst zu wissen, wer der andere eigentlich ist. Zu guter Letzt siegt nicht das Gute. Vorläufig. Denn Franck und Oxen gelingt es, einen weiteren Teil des Danehofs zu enttarnen und der machtbesessenen Organisation einen empfindlichen Schlag zu versetzen. Fortsetzung folgt.

Warum man von Oxen nicht lassen kann

Der zweite Teil der Oxen-Trilogie steht dem ersten an Spannung und überraschenden Finten in nichts nach. Auch »Der dunkle Mann« schlägt zunächst ein langsames Erzähltempo an, was das Warten auf den ersten Paukenschlag nahezu unerträglich macht. Nach dem ersten Mord nimmt die Geschichte dann rasch an Fahrt auf, findet in einer halsbrecherischen Jagd zu Lande und zu Wasser ihren Höhepunkt und endet in einem perfiden Cliffhanger. »Der dunkle Mann« ist wieder ein Thriller vom Allerfeinsten.

Besonders gut gefallen haben mir neben dem äußerst raffinierten Plot, wieder die humorvollen, kurzen Szenen, die ganz beiläufig dazu beitragen, ein vielschichtiges Bild der handelnden Figuren zu zeichnen. Da wäre zum Beispiel die Eule an Silvester, die Niels Oxen darüber sinnieren lässt, dass sie wohl demnächst ihren Mageninhalt hochwürgen wird – ebenso wie viele Menschen in dieser Nacht.
Zum Schmunzeln fand ich auch, dass der geflüchtete Oxen im Badezimmer eines Freundes die mahnende Stimme seiner Exfrau im Ohr hat, auch ja die Bartstoppeln aus dem Waschbecken zu entfernen. Als hätte ein Mann in Lebensgefahr keine anderen Sorgen. Gerade solche Details verleihen dem Buch mit seiner teilweise brutalen Handlung eine herzerwärmende Note.
Ich freue mich schon auf den dritten Teil – »Gefrorene Flammen« – und fürchte gleichzeitig das Ende der Serie. Denn Oxen und Franck sind mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen.

Jens Henrik Jensen
Oxen
Der dunkle Mann
Aus dem Dänischen von Friederike Buchinger
ISBN 978-3-423-26179-1
dtv

Jens Henrik Jensen, »Oxen – Das erste Opfer«


Cover Jens Henrik Jensen Oxen Der dunkle Mann

Jens Henrik Jensen
Oxen. Der dunkle Mann
Aus dem Dänischen von Friederike Buchinger
ISBN 978-3-423-26179-1
dtv

2 Antworten zu „Jens Henrik Jensen – Oxen – Der dunkle Mann“

  1. Ein Autor, den ich noch entdecken muss, sollte, werde. Ich sehe seinen Namen immer mal in den Buchhandlungen, aber bisher habe ich noch nichts von ihm gelesen. Vielen Dank deshalb für Deinen Tipp. Viele Grüße

    1. Danke gleichfalls. Denn ich habe dank Dir endlich ein Buch von Jo Nesbø gelesen, besser gesagt verschlungen. Viele Grüße