Frida Nilsson – Sasja und das Reich jenseits des Meeres

Cover Frida Nilsson Sasja und das Reich jenseits des Meeres
Von einem der auszog, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen

Sasjas Mutter ist krank, sehr krank. Der Knoten in ihrem Körper schwächt sie von Tag zu Tag. Inoperabel lautet das Urteil der Ärzte und so muss Sasja hilflos dabei zusehen, wie seine Mutter immer weiter verschwindet. Und weil das für einen kleinen Jungen viel zu furchtbar und unbegreiflich ist, gibt er seiner Mutter einen neuen Namen. Jetzt heißt sie Semilla anstatt Mama. Und er verspricht ihr den Tod zu überlisten.

Eines Nachts hört Sasja das Klappern der Haustür. Er steht auf, spürt einen Lufthauch, rennt die Treppe nach oben und sieht, dass das Bett seiner Mutter leer ist. Der Tod war da und hat sie mitgenommen, ihre Wärme, ihr Lachen und ihren Körper. Er rennt nach draußen, hinunter zum Meer und sieht in der Ferne das Schiff des Todes. Ohne zu zögern springt er in Palmgrens Ruderboot und nimmt die Verfolgung auf. Einholen kann er das Schiff nicht, aber er erreicht das Reich jenseits des Meeres – das Reich des Todes.

Das Reich jenseits des Meeres

Hier scheint die Sonne und auf einer grünen Wiese springt ein kleiner Schweinejunge in Hemd und Hose herum. In der Klaue hält er einen Stock mit dem er in der Luft herumfuchtelt. Sasja begreift schnell, was hier vor sich geht. Auch er hat sich schon oft Gefechte mit unsichtbaren Bösewichtern geliefert. Dies muss ein Junge sein, ebenso wie er, der Schwertkampf spielt. Vielleicht kann er ja mit diesem Wesen Freundschaft schließen, vielleicht weiß dieser Junge, wie er den Tod finden und seine Mutter zurückholen kann.

Der Hildin versteht sofort, dass Sasja Hilfe braucht, auch wenn er nicht ganz nachvollziehen kann, was an dem Tod denn so schlimm sein soll. Im Gegenteil, alle auf der Insel arbeiten für den Tod, bewundern und verehren ihn. Aber ein Dasein ohne Mutter ist auch für ihn nicht vorstellbar. Und als Sasja ihm schwört, dem Tod nichts zuleide zu tun, macht er sich mit Sasja auf die lange Reise zum Haus des Todes am anderen Ende der Insel.

Um dorthin zu gelangen werden sie erst Hilde und den Schummerwald durchqueren müssen, das Reich der Spartaner, die Fortmark und das Hresagebirge, das zwischen Sparta und Harpyrien liegt. Wenn es ihnen dann noch gelingt, die nördliche Ebene hinter sich zu lassen ohne von den Harpyren eingekerkert zu werden, besteht tatsächlich der Hauch einer Chance das Haus des Todes zu erreichen und Sasjas Mutter zu finden.

Eine gefahrvolle Reise

Doch die Bewohner der Insel sind von diesem Vorhaben alles andere als begeistert. Zu groß ist die Angst, dass dieser kleine Eindringling dem Tod gefährlich werden könnte und nicht auszudenken was passieren würde, wenn noch mehr Menschen nicht akzeptierten, dass dem Tod gehört, was er sich nimmt und von der anderen Seite hier herkämen. Das muss unbedingt verhindert werden. Also werden Sasja und sein Freund Trine sowohl von Hildinern, Spartanern als auch Harpyren gejagt, die ihn alle als erste in die Klauen, Pfoten oder Greiffüße bekommen wollen.

Sasja und Trine finden aber auch Unterstützung. So schließt sich ihnen die Prinzessin der Spartaner an, die lieber kämpfen und „mutig bluten“ will, als anmutig zu sein, wie auch Höder, der junge Harpyr, der zum ersten Mal in seinem Leben nicht brav und folgsam ist.
Und tatsächlich, trotz aller Widrigkeiten – Sasja ertrinkt fast, verblutet fast und wird von einer Lawine begraben – erreichen sie das Haus des Todes. Sie klopfen an, der Tod öffnet die Tür und siehe da, Sasjas Mutter ist wohlauf und quicklebendig. Ganz Gentleman lädt der Tod alle zu Kuchen satt und eine Partie Krocket ein.

Zu Gast beim Tod

Sasja ist geschockt und fassungslos. Alles hat er erwartet, nur das nicht. Denn eigentlich holt der Tod die Menschen und schält sie aus ihrer Hülle. Dann werden sie ein Hildin, ein Spartaner oder ein Harpyr, bekommen ihren Platz in der Gesellschaft zugewiesen und vergessen alles und jeden aus ihrem vorherigen Leben. Und sie werden unsterblich. Bei Sasjas Mutter ist das anders. Semilla sieht immer noch aus wie Semilla und sie kann sich an Sasja und seinen Vater erinnert. Wieso also sitzt sie hier in diesem Garten und isst Kuchen, hat sie ihn denn überhaupt nicht vermisst? Warum hat sie nicht versucht dem Tod zu entkommen?

Die Antwort darauf verrate ich nicht, denn an dieser Stelle nimmt die Geschichte eine äußerst verblüffende und raffinierte Wendung. Nur so viel sei gesagt – der Schein trügt natürlich, der Tod ist noch nicht überlistet und eine Fliege wird bald eine entscheidende Rolle spielen.

Auf Augenhöhe

Frida Nilsson ist wirklich eine geniale Erzählerin, die es nicht nur versteht spannend, klug und herzerwärmend zu schreiben, sondern ihre jungen Leserinnen und Leser ernst nimmt und ihnen sehr viel zutraut. Sie zeigt, wie stark Kinder sind, wenn die Erwachsenen sie nur lassen, wie schlau und voller Phantasie. Und so egoistisch, faul und schlampig der Tod ist – Geschirrspülen gehört tatsächlich nicht zu seinen herausragenden Fähigkeiten – eine Sache hat er sehr klar erkannt: die Eltern, sowohl in Sasjas Welt als auch im Reich jenseits des Meeres erziehen ihre Kindern als wären sie nichts, sondern müssten erst etwas werden. Als müssten die Kinder nichts eiliger haben, als aufzuhören Kinder zu sein. Dabei ist das einzige, was ein Kind können muss, spielen.

Für dieses Buch haben Frida Nilsson und ihre wunderbare Übersetzerin Friederike Buchinger den Luchs Kinderbuchpreis erhalten, wie auch schon für »Siri und die Eismeerpiraten«.

Frida Nilsson
Sasja und das Reich jenseits des Meeres
Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger
Mit Bildern von Torben Kuhlmann
Gerstenberg Verlag
ISBN 978-3-8369-5688-8

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