Anna Grue – Privatermittler Dan Sommerdahl
Alles beginnt mit »den guten Frauen von Christianssund«. Dan Sommerdahl, ein hochdotierter und smarter Werbetexter, ist aufgrund einer Depression krankgeschrieben und hadert mit seinem Leben. Selbst seine Frau Marianne und die beiden Kinder können ihm nicht aus der Krise helfen. Da wird an seinem Arbeitsplatz die Putzfrau ermordet und Dans bester Freund, Kriminalkommissar Flemming Torp, sieht seine Chance Dan aufzumuntern und gleichzeitig von seinem intimen Wissen über die Agentur zu profitieren. Er zieht Dan als Berater zu den Ermittlungen hinzu. Ein Schritt, den Flemming zukünftig mehr als einmal bereuen wird. Denn Dan leckt Blut, ermittelt reichlich unkonventionell auf eigene Faust und bringt sich und andere immer wieder in allergrößte Schwierigkeiten.
Trotzdem ist Dan mit seiner ausgeprägten Menschenkenntnis und seinem analytischen Verstand der Polizei immer einen Schritt voraus. Letztendlich müssen die Kommissare jedes mal zähneknirschend einräumen, dass sie die Fälle ohne Dan nicht gelöst hätten.
Dan unterscheidet sich stark von den Ermittlern anderer skandinavischer Krimiserien. Er ist kein Alkoholiker, kein einsamer Wolf, nicht traumatisiert und schon gar nicht von dem Bedürfnis getrieben, Korruption und andere dunkle Machenschaften aufzudecken. Dan ist ein Familienmensch, lebenslustig und mit Leib und Seele Werbetexter. Ihn interessieren auch nicht die Morde an sich, sondern die Lösung des Rätsels, das Puzzlespiel und die menschlichen Abgründe, die zu der Tat geführt haben. Was übrigens auch Anna Grues Interessen sind. Dan ist ihr alter ego.
Anna Grue, die vor ihrer Karriere als Krimiautorin lange Jahre in der Magazin- und Zeitschriftenbranche tätig war, hat sehr bewusst einen Werbefachmann als Hauptfigur gewählt. Denn Menschen, die in der Werbung arbeiten, müssen über eine sehr gute Menschenkenntnis verfügen, schließlich hängen Millionenetats davon ab. Und sie haben das notwendige Ego, um sich ohne einen Funken Selbstzweifel in Polizeiarbeit einzumischen. Was Dan in jedem Band eindrucksvoll beweist.
Alle Bände spielen in der fiktiven Kleinstadt Christianssund, die eine Collage aus verschiedenen realexistierenden Städten Dänemarks ist, weshalb Christianssund den dänischen Leserinnen und Lesern gleich von der ersten Seite an sehr vertraut ist. Für Anna Grue hat dies den Vorteil, dass sie beim Schreiben auf keinerlei Befindlichkeiten und reale Zwänge Rücksicht nehmen muss. Wenn es die Geschichte erfordert, kann das Krankenhaus abbrennen oder der Bürgermeister korrupt sein. Und es gibt noch einen weiteren guten Grund.
Während sich die meisten skandinavischen Krimis streng an die realen Gegebenheiten halten und an nachprüfbaren Orten wie Ystad, Göteborg, Fjällbacka, Oslo und Kopenhagen spielen, sind die Orte in den englischen Krimis meist rein fiktiv. Miss Marples St. Mary Mead findet man ebenso wenig auf der Landkarte, wie Inspector Wexfords Kingsmarkham. In genau diese britische Tradition will Anna Grue sich einschreiben.
Anna Grue hat Spaß beim Schreiben ihrer Krimis, das merkt man beim Lesen sofort. Und sie ist durchaus ein bisschen in Dan verknallt, wie sie schmunzelnd zugibt. Aber nicht nur die Menschen und ihre Beziehungen untereinander sind ihr wichtig, sondern auch die Tiere. Und so gönnt sie sich das Vergnügen, in jedem Band eine neue Hunderasse zu präsentieren, passend zu der Figur natürlich. Ob ein Handwerker einen Kampfhund oder einen Pudel besitzt, sagt schließlich viel über ihn aus. Und auch ein Igel darf mal eine Leiche finden.
All diese Einblicke »behind the scenes« hat mir Anna Grue während einer Lesung am Nordkolleg in Rendsburg gewährt, die ich moderieren durfte. Tusind tak! Ich freue mich schon sehr auf Band 7, der voraussichtlich nächstes Jahr im Herbst in Dänemark erscheinen wird.
In Deutschland sind bislang fünf Bände übersetzt von Ulrich Sonnenberg erschienen:
»Die guten Frauen von Christianssund« (Band 1)
»Der Judaskuss« (Band 2)
»Die Kunst zu sterben« (Band 3)
»Es bleibt in der Familie« (Band 4)
»Die Wurzel des Bösen« (Band 5)
»Das falsche Gesicht« (Band 6) wird im Februar 2016 erscheinen und zwar, wie alle Bände, im Atrium Verlag.