Als Kinder haben wir manchmal Guckkästen gebaut. In einen Schuhkarton wurden Bäume, Häuser und Tiere aus Hochglanzpapier geklebt und die Seitenwände und der Boden bemalt. War die Szenerie fertig, wurde ein Loch in den Karton geschnitten, durch das man mit dem einen Auge linsten, während man das andere fest zukniff. Die Welt um einen herum verschwand. Man blickte in diese andere, selbstgebastelte Welt und malte sich aus, was dort alles geschah.
Die Geschichten von Sólrún Michelsen in »Tanz auf den Klippen« erinnern mich an diese Guckkästen. Mit jeder gelesenen und umgeblätterten Seite wirft man einen Blick in eine andere Welt, auf eine Szene, die sich auf kleinstem Raum abspielt. Oder genauer gesagt, schaut eigentlich die kleine färöische Erzählerin in einen solchen Guckkasten und beschreibt, was sie sieht.
Wie der Rauch von Fías Zigarre aufsteigt, während sie an der Nähmaschine sitzt. Die Stofffetzen und Fäden, die über dem Boden verteilt liegen und an den Nylonstrümpfen der Mutter hängen bleiben. Oder die Petroliumpumpe beim Kaufmann, die sie so gerne einmal selber bedienen würde und das Buch, in dem die Einkäufe angeschrieben werden, die die Mutter nicht bezahlen kann. Weiterlesen