Camilla Collett – In den langen Nächten

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Schlaflos

Lange Nächte sind schlaflose Nächte, in denen „der Egel der Finsternis die Lebenskraft aussaugt.« Auch Camilla Collett kannte dieses Leiden nur allzu gut. Ihr Erinnerungsbuch »In den langen Nächten« hat sie all denjenigen gewidmet, die nachts keine Ruhe finden. Mit unterhaltsamen, lustigen und traurigen Geschichten will sie ihnen die langen Nächte etwas verkürzen.

Achtzehn Nächte lang erzählt sie von ihrer Familie, von ihrer Kindheit und Jugend in Eidsvoll, von ihrem Bruder, dem Dichter Henrik Wergeland, von ihrer Schulzeit bei den Herrnhutern in Dänemark. Und sie erzählt von den vielen starken und inspirierenden Frauen, die sie im Laufe ihres Lebens kennen und schätzen gelernt hat.

Gleichzeitig beschreibt sie auf sehr scharfsinnige Weise mit welchen gesellschaftlichen Konsequenzen eine schreibende Frau um 1860 zu rechnen hatte. Sie klagt nicht, setzt aber ironische Spitzen während sie ihren locker-leichten Erzählstil unvermindert beibehält.

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Helena von Zweigbergk – Totalschaden

Cover Helena von Zweigbergk, Totalschaden
Die Katastrophe

Nur kurz ein Zigarette rauchen, denkt sich Agneta. Nur eine, obwohl Xavier das hasst. Aber diese kleine Pause am Abend braucht sie, diese eine Zigarettenlänge Zeit für sich. Heute ganz besonders. Die fünf Hasen auszuweiden und für das Essen vorzubereiten war aufreibender als gedacht und die ewigen Streitereien mit Xavier zerren auch an ihren Nerven. Vermutlich ist Xavier mit seinem neuen Dasein als Rentner noch nicht im Reinen. Früher war er jedenfalls nie so gereizt und vor seiner Pensionierung hätte er auch nie den Jagdschein gemacht. Geschenk hin oder her. Aber um seine ehemaligen Kollegen nicht zu enttäuschen, hat er diese blöden Hasen geschossen, die gerade auf dem Herd vor sich hin schmoren.

Ein durchdringender Pfeifton reißt Agneta aus ihren Gedanken. Als sie zurück in die Küche stürzt schlägt ihr bereits schwarzer Rauch entgegen. Sie greift den brennenden Topf, wirft ihn in die Spüle und lässt Wasser darüber laufen. Es zischt, es qualmt und das Feuer scheint gelöscht. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellt, denn das Feuer ist über die Dunstabzugshaube bereits in den Dachstuhl gelangt. Mit knapper Not gelingt es Agneta und Xavier ihren Enkel Eddy und Hund Molly vor dem Feuer zu retten. Kurze Zeit später ist ihr Heim ist nur noch ein Totalschaden.

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Christina Hesselholdt – Vivian

Cover Christina Hesselholdt, Vivian
Fotografin und Kindermädchen

Die Fotografie eines Schulhofs in Chicago, aufgenommen im Juni 1971. Im Hintergrund ein Backsteingebäude mit einem Fahrradständer und etlichen Bonanza-Rädern. Im Vordergrund Tische mit leeren Tabletts, die man für einen Saftstand nach draußen getragen hat. Hinter einem der Tische steht eine Frau in einem kurzen, hellen Kleid und blickt mit zusammengekniffenen Augen in die Sonne. Unter dem Tisch sitzt ein kleines Mädchen in karierten Hosen im Schatten. Wer die beiden auf dem Bild sind? Wir wissen es nicht. Auch nicht ob die Frau die Mutter des Mädchens ist und in welchem Verhältnis die beiden zu der Fotografin stehen. Die Frau könnte Sarah Rice heißen und das Mädchen Ellen. Die Fotografin jedenfalls heißt Vivian Maier – soviel wissen wir. Und sie könnte das Kindermädchen der kleinen Ellen gewesen sein. Wie gesagt, könnte.

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Agnete Friis – Der Sommer mit Ellen

Cover Agnete Friis, Der Sommer mit Ellen
Der Wurmmonat

»Die Wikinger haben den Juli Wurmmonat genannt. Weil alles in der Hitze verrottete. Es waren Maden im Fleisch. Wo doch sonst alles so hübsch ist im Juli.« Schön ist die Landschaft Djurslands dann wirklich, aber das Leben nicht unbedingt. Ellen ist sich dessen nur zu bewusst, als sie diese Sätze zu Jakob sagt. Zumal auf dem benachbarten Hof gerade ein Mädchen tot aufgefunden wurde.


Ellen und Jakob verbringen nur einen einzigen Sommer miteinander. Den Sommer 1978. Jakob ist fünfzehn und Ellen 29. Für Jakob wird es ein verwirrender Sommer. Ein Sommer, der ihn für immer prägt. Wie sehr, das stellt Jakob allerdings erst 40 Jahre später fest, als seine Großonkel ihn anrufen und um einen Gefallen bitten. Jakob soll Ellen finden, die damals ohne eine Wort des Abschieds verschwand.

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Mikael Niemi – Wie man einen Bären kocht

Ein Monster wird verspeist

Wie Schwein gekreuzt mit Auerhahn soll gekochtes Bärenfleisch schmecken. Zäh soll es sein, aber gesund. Und ein Schnaps gehört auch dazu – sagt man. Jedenfalls erzählen sich das die Dorfbewohner, während ihnen bereits das Wasser im Munde zusammenläuft. Denn jetzt, da sie tatsächlich einen Bären erlegt haben, werden sie das Fleisch endlich kosten. Lange haben sie dem Tier nachgestellt und dieser Bär ist auch nicht irgendein Bär, sondern das Monster, das die Magd Hilda zerfleischt und auf bestialische Weise umgebracht hat. Das glauben zumindest die Dorfbewohner. Immerhin wiesen Leiche und Tatort entsprechende Spuren auf. Propst Læstadius hingegen ist da völlig anderer Meinung, denn die Klauen des erlegten Bären passen in Form und Größe ganz offensichtlich nicht zu den Wunden des Opfers.

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